Von der Bühne hinaus auf See!
»Langsam senkt sich der Wasserspiegel im Becken der großen Schleuse, am Beginn des Nord-Ostsee-Kanals. Der Container-Pott ›Elbsailor‹ aus St. John’s wartet, bis sich das vordere Tor öffnet und er seine Fahrt durch den Kanal antreten kann. Meine Reise beginnt genau hier, in der kleinen schmutzigen Kantine der UCA, einer Agentur, die sich darum kümmert, dass die Schiffe im richtigen Schleusenbecken landen und eines nach dem anderen abgefertigt wird. Ich warte auf die MS Orin, ein knapp 100-Meter-Frachtkahn, der in den nächsten drei Wochen mein Zuhause sein wird. Geplant habe ich dieses Abenteuer schon lange. Man muss Zeit haben für diese Art von Reisen. Kein Mensch kann sagen, wann das Schiff anlegt, niemand weiß, wann es ablegt. Es hängt vom Löschen und Laden der Fracht ab. Manche der großen Pötte nehmen eine Handvoll Reisende mit. Allerdings nicht als Passagiere, sondern als »Crew-Mitglieder«. Man ist eine Art Zwischending: nicht Fisch, nicht Fleisch, nicht Matrose, nicht Tourist – eher so eine Art Seebär auf Zeit …«
Nach meinem Vietnam-Abenteuer ist heuer im Sommer etwas anderes dran: eine Fahrt auf einem Container-Frachtschiff auf der Schweden-England-Belgien-Linie. Als passionierter Schiffsfreak bin ich da genau richtig. Von der Bühne hinaus auf See!
»Vielleicht wollte ich meinen Traum nach der Gegenwelt des Theaters auch nur erfüllen, um meinem Vater zu helfen, seiner eigenen Sehnsucht zu begegnen, um dort, wo unsere gemeinsame Phantasie auf den Horizont trifft und sich mit unseren Träumen vereint, die Liebe füreinander zu finden. Vielleicht ist das der Grund für meine zweite Leidenschaft: Mein unstillbares Fernweh und meine Liebe zu Schiffen. Vielleicht suche ich ein Leben lang schon nach jenem Weg – den zu meinem Vater.«
Ahoi!
Euer
Michael Schottenberg
im Sommer 2017