Das »3+1«-Interview mit Michael Schnitzler
A. V.: Wie kommt der Enkel von Arthur Schnitzler in den Regenwald Costa Ricas?
M. S.: Ich war immer ein Naturliebhaber, so wie es vorher meine Eltern und Großeltern waren, und mich hat es immer in die Ferne gezogen. Je ursprünglicher, einsamer und unberührter die Natur, desto mehr hat sie mich fasziniert. So war es nur eine Frage der Zeit, bis ich mich in das Tropenparadies Costa Rica verliebt habe. Es war allerdings nicht vorauszusehen, dass Costa Rica meine zweite Heimat und der Naturschutz mein zweiter Beruf werden würde.
A. V.: Sie haben Ihren Großvater nie persönlich getroffen. Was verbindet Sie dennoch mit ihm?
M. S.: Die Liebe zur Natur und die Musik. Ich bin kein schöpferischer Mensch, ich kann weder dichten noch malen noch komponieren. Aber als nachschöpferischer Musiker habe ich oft das Gefühl, die Intentionen der Komponisten zu verstehen, und es macht mir Freude, Musik so umsetzen zu können, wie ich sie empfinde. Dies gelingt mir als Geiger freilich nur dann, wenn ich zusammen mit meinen Kammermusikpartnern Interpretationen selbstständig erarbeiten kann, ohne dass ein Dirigent zwischen der Musik und mir steht.
A. V.: Jahrelang waren Sie als Musiker auf internationalen Konzertbühnen unterwegs. Wie kam es zu der Entscheidung, dass Sie die Bühne gegen den Regenwald tauschen?
M. S.: Von einem Tausch würde ich nicht sprechen, denn ich war 30 Jahre lang sowohl Geiger und Lehrer als auch Naturschützer. Mit zunehmendem Alter trat die Musik immer mehr in den Hintergrund und der Naturschutz in den Vordergrund. Ich habe immer mehr das Gefühl gehabt, als Geiger austauschbar zu sein, während Natur- und Klimaschutz zu meiner Lebensaufgabe wurden. Wichtigkeiten verschieben sich im Lauf der Jahre, und die Sorge um die Natur hat für mich immer mehr an Bedeutung gewonnen.
A. V.: In der Dankesrede für den Konrad-Lorenz-Preis, den österreichischen Staatspreis für Umwelt, der Ihnen 1995 verliehen wurde, sagten Sie: »Wer nur kopfschüttelnd zusieht und über die fortschreitende Zerstörung der Natur durch die Menschen philosophiert, bewirkt jedenfalls nichts.« Was kann ein jeder von uns machen, um etwas zum Umweltschutz beizutragen?
M. S.: Einfache, banale Sachen können schon eine Rolle spielen: weniger Fleisch essen, Strom sparen, öffentliche Verkehrsmittel benutzen, mehr heimische Produkte konsumieren. Aber CO2-Emissionen können auch durch die Unterstützung von Klimaschutzprojekten kompensiert werden, wie z. B. die Pflanzung von Bäumen. Es muss uns endlich bewusst werden, dass wir Menschen die Hauptverursacher des Klimawandels sind. Zu viele von uns nehmen unaufhörlich von der Natur, ohne etwas zurückzugeben.